Quartalsbericht Q3 2023 | Swiss Finance Boutique

Quartalsbericht Q3 2023

Berge

01. Oktober 2023

Geschätzte Investoren

In unserem letzten Marktupdate vom 1. Juli 2023 war zu lesen, dass das Gezanke rund um die Erhöhung des Staatsschuldenlimits in den USA, wieder einmal in letzter Minute, unter Zugeständnissen der Demokraten rund um US-Präsident Joe Biden, gelungen ist. Die Schuldenlast der USA beträgt mittlerweile besorgniserregende 123% der jährlichen Wirtschaftsleistung (BIP). Wir haben festgehalten, dass die Inflation zwar rückläufig ist, aber der Rückenwind des Basispreiseffekts ab Juli/August seinen Höhepunkt erreicht haben dürfte. Weitere Fortschritte an der Teuerungsfront dürften somit zunehmend anspruchsvoller werden. Dies könnte zur Folge haben, dass die Zinsen noch eine ganze Weile auf erhöhtem Niveau verharren könnten. Wir haben uns skeptisch darüber gezeigt, dass der US-Notenbank das Kunststück «einer weichen Landung» der Wirtschaft gelingen wird. In den letzten 12 Zinserhöhungszyklen gelang dieser Balanceakt nämlich nur ein einziges Mal. Sollte Jerome Powell die Zinsen zu lange auf dem aktuell hohen Niveau von 5.25% bis 5.50% belassen, riskiert er, dass die US-Wirtschaft in eine Rezession abdriftet, lockert er hingegen zu früh, besteht die Gefahr, dass die Inflationsdynamik schon bald wieder an Fahrt zunimmt. Im Zweifel dürfte die Fed aber eher in den sauren Apfel der Rezession beissen, als die Preisstabilität zu gefährden. Diese Umstände dürften weiterhin für eine erhöhte Unsicherheit, sowohl an den Aktien- wie auch an den Anleihenmärkten sorgen.

Was ist im 3. Quartal passiert? Und was beschäftigt uns im weiteren Jahresverlauf?

Die Inflation in den USA ist im September um 0.60% auf 3.70% gestiegen. Der Hauptgrund für den Anstieg waren vor allem steigende Öl- und Benzinpreise. Die Kerninflation, bei der volatile Preise für Energie und Nahrungsmittel weggelassen werden, fiel hingegen leicht von 4.70% auf 4.30%. Die Geldpolitiker legen grösseren Wert auf die Kerninflation, da diese einen besseren Hinweis auf die langfristige Entwicklung der Teuerung gibt. Der Weg von 4.30% in Richtung der Zielgrösse von 2.00% dürfte nun aber schwieriger werden.

Nachdem die US-Notenbank die Zinsen zum elften Mal in Folge auf eine Zinsspanne von 5.25% bis 5.50% angehoben hatte (höchster Stand seit 22 Jahren), rechnete der Markt für die Zinssitzung am 20. September mit einer Pause im Erhöhungszyklus. Obwohl sich die US-Wirtschaft und der private Konsum weiterhin erstaunlich robust zeigen, sind erste Risse im US-Arbeitsmarkt erkennbar. Die Situation bei den Gewerbeimmobilien trübt sich weiter ein und auch die Neubautätigkeit bei Wohnobjekten leidet zunehmend unter der erhöhten Finanzierungslast. Powell entschied an der jüngsten Zinssitzung dann auch, vorerst am aktuellen Zinsniveau festzuhalten. Er machte aber klar, dass er sich alle Optionen offenhält, bei Bedarf weitere Straffungen zu vollziehen. Seine anschliessende Rede und Ausblick liess durchblicken, dass die Zinsen durchaus noch eine ganze Weile «high for longer» bleiben dürften. Hatte der Markt zuvor noch mit vier Zinssenkungen im Jahr 2024 gerechnet, haben sich diese Hoffnungen mittlerweile auf lediglich zwei Zinsschritte reduziert. Die Auswirkungen liessen dann auch nicht lange auf sich warten, zinssensitive Anlagenklassen wie langfristige Anleihen sowie Wachstumsaktien aus den Bereichen Technologie, aber auch Industriewerte und qualitativ hochstehende Small & Midcaps kamen zum Teil heftig unter die Räder.   

Nachdem die US-Fed im März die Finanzmärkte, im Zuge der Turbulenzen rund um die strauchelnden Regionalbanken Silicon Valley Bank und Signature Bank, noch mit Liquidität versorgt hatte, ist nun wieder eine Straffung der Bilanz angesagt. Die Kombination von höheren Zinsen und gleichzeitiger Liquiditätsverknappung waren in der Vergangenheit stets eine Belastungsprobe für die Finanzmärkte. Die Volatilität (VIX) ist dann auch von historisch tiefen Levels bei 13.59 Punkten auf aktuell 17.61 Punkten angestiegen. Der historische Durchschnitt liegt bei rund 20 Punkten. Die Märkte scheinen somit immer noch relativ gelassen zu sein.

Das divergente Marktregime hat weiterhin Bestand

Unsere breit abgestützten Messungen zeigen weiterhin ein gemischtes Bild, aber mit Tendenz zu einer weiteren Eintrübung. Einige Konjunkturfrühindikatoren haben sich auf tiefem Niveau weiter verschlechtert. Die PMI’s in Europa notieren mit 43.5 Zähler im August auf dem tiefsten Stand in diesem Jahr. Der strauchelnde Immobiliensektor in China hemmt die weitere Erholung in der zweitgrössten Volkswirtschaft. Ob die Regierung schon bald ein Hilfspaket für die Konjunktur auf den Weg bringt, liegt noch in der Schwebe. Die Situation bei den Sektoren zeigt sich etwas besser, aber auch hier haben jüngst die prozyklischen Sektoren etwas an Terrain verloren. Unsere technischen Indikatoren zeigen ein überverkauftes Marktregime an, was kurzfristig für eine Gegenbewegung spricht. Die Marktbreite hat wieder abgenommen und das Sentiment bei Small & Midcaps ist weiter gedrückt, was als Warnsignal zu werten ist. Auch sehen wir nun deutlich, dass sich die negativen PMI-Messungen zunehmend in den Unternehmensergebnissen niederschlagen. Die Q2-Berichtsaison hatte einige Gewinnwarnungen zu Tage gebracht. Vor allem Firmen aus den Bereichen Chemie, Bau und dem verarbeitenden Gewerbe spüren die Konjunkturverlangsamung stark. Dies führte zum Teil zu heftigen Kursrückschlägen bei diesen Werten. Die 3. Quartalszahlen stehen vor der Tür und wir glauben, dass die Unternehmen mit weiteren Herausforderungen seitens der Konjunktur konfrontiert sind. Wir sehen aber nach den jüngsten Korrekturen bei einigen Qualitätswerten, vor allem aus der zweiten Reihe, attraktive Einstiegslevels. Hier werden wir in Tranchen dosiert zukaufen, weil diese Firmen in schwierigen Zeiten immer Marktanteile gewinnen und auch wieder gestärkt aus Abschwüngen herausgehen.

Positionierung

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  • Wir halten an unserer erhöhten Liquiditätsquote fest, weitere Rückschläge im Aktien- und Anleihenmarkt werden wir sukzessive nutzen, um die Liquidität peu à peu zu investieren.
  • Nachdem die EZB die Zinsen im September auf 4.50% angehoben hat, zeichnet sich auch hier ein Ende von weiteren Zinserhöhungen ab, auch wenn die Inflation in Europa hartnäckiger erscheint.
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  • Das Risiko-/Renditeverhältnis bei Anleihen hat sich nach den jüngsten Korrekturen weiter verbessert. Das Zinstop dürfte bald erreicht sein, was Papiere mit längeren Laufzeiten mittelfristig begünstigen sollte. Riesige Geldsummen sind aktuell in Geldmarktfonds parkiert, welche zurückkommen werden.
  • Bei hochverzinslichen Anleihen sind wir aufgrund der erhöhten Korrelation zu den Aktienmärkten weiter zurückhaltend.
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  • Für Aktien sind wir weiterhin neutral gestimmt. Wir steuern die Quote dynamisch, basierend auf unserem Anlagemodell. Bei Qualitätsunternehmen aus dem Midcapbereich gibt es Kaufchancen.
  • Japan ist aus dem Dornröschenschlaf erwacht und bietet bei Rückschlägen Einstiegsmöglichkeiten.
  • Aktien einiger BIG Tech Werte sind immer noch stolz bewertet, was weiteres Korrekturrisiko birgt.
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  • Gold hat sich von den Höchstständen Anfang Mai bei 2'051 $/Oz weiter auf 1'819$/Oz abgeschwächt.
  • Steigende US-Zinsen und ein stärkerer USD haben das gelbe Metall belastet.
  • Sollte das Zinstop tatsächlich bald erreicht sein, waren dies stets interessante Kaufkurse für Gold.
  • Gold- und Silberminenaktien sind attraktiv bewertet. Auch hier gilt, in Tranchen dosiert zukaufen!
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  • Aus Diversifikationsgründen setzen wir selektiv Alternative Anlagen ein.
  • Wir behalten uns den Einsatz von Absicherungsinstrumenten vor.
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Marktübersicht