Quartalsbericht Q4 2023 | Swiss Finance Boutique

Quartalsbericht Q4 2023

Berge

05. Januar 2024

Geschätzte Investoren

In unserem letzten Marktupdate vom 1. Oktober 2023 war zu lesen, dass sich die US-Kerninflation im September von 4.70% auf 4.30% weiter zurückgebildet hat. Wir hatten an dieser Stelle aber angemerkt, dass es von diesem Niveau aus, in Richtung der 2% Fed-Zielgrösse, nun um einiges beschwerlicher und langwieriger verlaufen dürfte. Trotzdem waren wir zuversichtlich, dass nach dem historisch raschen Zinserhöhungszyklus in fast allen westlichen Volkswirtschaften, dass Zinstop nun in Griffnähe ist.

Wir zeigten uns weiter skeptisch darüber, dass der US-Notenbank das Kunststück einer «weichen Landung» der US-Konjunktur gelingen würde. Obwohl sich der Arbeitsmarkt in den USA weiterhin erstaunlich robust zeigt und die Arbeitslosenquote mit 3.80% auf tiefem Niveau verharrte, spricht die Statistik hier leider eine ernüchternde Sprache. Nur gerade einmal in den letzten zwölf Zinserhöhungszyklen gelang der US-Notenbank dieser Balanceakt, was einer Wahrscheinlichkeit von tiefen 8% entspricht. Die Kombination eines hohen Zinsniveaus und gleichzeitiger Liquiditätsverknappung bewog uns taktisch zu einer defensiveren Positionierung im 3. Quartal. Nachdem vor allem zins- und konjunktursensitive Werte im Zuge der «higher for longer» Rede von Jerome Powell unter Druck kamen und zum Teil heftige Kursverluste erlitten, hatten wir selektiv bei ausgewählten Qualitätsunternehmen aus der zweiten Reihe, die attraktiven Einstiegslevels für Zukäufe genutzt. Auch die Obligationenquote stockten wir antizyklisch auf. Das Timing im Oktober war aus unserer Sicht optimal, da sich der Angst & Gier Indikator im Bereich der «Extremen Angst» befand. 

Was ist im 4. Quartal passiert? Und was beschäftigt uns im neuen Jahr 2024?

Die Inflation in den USA ist im Oktober weiter deutlich zurückgekommen und notierte bei 3.20%. Der Trend setzte sich, wenn auch verlangsamt, im November auf 3.10% fort. Der starke Rückgang der Inflationsraten hatten wir in dieser Ausprägung nicht erwartet. Wir waren zwar der klaren Meinung, dass das Zinstop nahe ist, aber mit diesen Zahlen war uns klar, dass weitere Zinserhöhungen nun definitiv vom Tisch sind. Was uns zur spannenden Frage bringt, wann die Notenbanken mit Zinssenkungen beginnen werden.

Die eingetrübte Stimmung, im Nachgang der «higher for longer» Rede von Jerome Powell, an der Notenbanksitzung Ende September, führte in sämtlichen Anlageklassen zu Korrekturen. Mit den ermutigenden Inflationszahlen aus den USA, Europa, Asien und auch der Schweiz, drehte das Marktsentiment Ende Oktober von starkem Pessimismus abrupt ins Positive. Für zusätzlichen Schwung sorgte die Berichtsaison für das 3. Quartal 2023, da die Unternehmensresultate mehrheitlich positiv überraschten, insbesondere aus den Sektoren Technologie, Öl und Rüstung.

Der vielbeachtete S&P 500 Index in den USA nährte sich bis zum Jahresende 2023 mit 4'769 Punkten, getrieben von den Technologieschwergewichten, seinen historischen Höchstständen von Anfang 2022. Wir sind der Meinung, dass die wichtige Marke bei 4'800 Punkten nicht so einfach zu überwinden sein wird. Die Gründe dafür sind mannigfaltig. Nach der Jahresendrally, ausgelöst von tieferen Zinserwartungen, messen wir sowohl in den Aktienmärkten als auch bei den Anleihen ein stark überkauftes Marktregime mit Levels im «Extremen Gier» Bereich. Viele Markteilnehmer wurden auf dem falschen Fuss erwischt und kauften sich Ende Jahr, aus Angst die Rally zu verpassen, zu immer höheren Kursen ein. Oft folgt auf solche raschen und starken Aufwärtsbewegungen, aufgrund euphorisierter Marktstimmung, zeitverzögert eine taktische Gegenbewegung nach unten, weil die Realität dann doch nicht ganz so rosig ist und schon bald Ernüchterung einkehrt. Geopolitisch seht im Jahr 2024 ebenfalls einiges auf der Agenda. In 60 Ländern gibt es Wahlen. Breits am 13. Januar 2024 findet in Taiwan die politisch heikle Präsidentenwahl statt. Die Wahlen in den USA dürften zu einer Schlammschlacht zwischen Joe Biden und Donald Trump werden, mit dem Resultat am 5. November. Die grösste Volkswirtschaft der Welt war politisch noch nie so gespalten wie heute. Auch wenn politische Börsen bekanntlich kurze Beine haben, könnte es temporär durchaus zu grösseren Ausschlägen kommen.

 

Aufhellungen auf breiter Front

Unsere breit abgestützten Messungen haben sich im 4. Quartal auf breiter Front aufgehellt. Obwohl der globale PMI im Dezember mit 49 Punkten, immer noch im Kontraktionsbereich notiert, scheint sich das Bild langsam aber sicher zu stabilisieren. In Europa messen wir zwar nach wie vor sehr tiefe Werte im Bereich von 44 Punkten. Deutschland zum Beispiel zeigt aber seit gut 3 Monaten einen langsamen, aber kontinuierlichen Aufwärtstrend auf zuletzt 43.3 Punkte. Hier ist wichtig zu erwähnen, dass die Börsen oft nicht die absoluten Stände widerspiegeln, sondern die Veränderungen, sprich die Zukunftserwartungen handeln. Bei Industriewerten von hoher Qualität, die zu stark abgestraft wurden, bieten sich attraktive Kaufgelegenheiten. Der strauchelnde Immobiliensektor in China hemmt die weitere Erholung in der zweitgrössten Volkswirtschaft. Bisher tut sich die Regierung rund um Xi Jinping weiterhin schwer, umfangreiche Hilfspakete für die heimische Konjunktur auf den Weg zu bringen. Der Pessimismus an den Börsen hinsichtlich China nimmt extreme Niveaus an. Hier könnten schon leicht positive Überraschungen zu raschen und heftigen Gegenbewegungen führen. Innerhalb der Sektoren hat sich das Bild ebenfalls aufgehellt, die defensiven Sektoren wie Telekom, Gesundheit, Essen und Trinken bekundeten in unserer Sektorenrangliste Mühe. Die prozyklischen Sektoren wie Technologie, Medien, Einzelhandel und Grundstoffe hatten die Nase vorne. Dies ist ein klares Zeichen für eine erhöhte Risikobereitschaft der Marktteilnehmer. Auch die arg gebeutelten Immobilienwerte konnten Terrain gutmachen, da sie von den fallenden Zinserwartungen getragen wurden. Die vielbeachtete Marktbreite, die über weite Strecken des Börsenjahres 2023 notorisch tief war, konnte im 4. Quartal ebenfalls zulegen. Das Sentiment bei Small & Midcaps hellte sich ebenso auf. Die Q3-Berichtsaison überraschte mehrheitliche positiv und trieb die Jahresendrally zusätzlich an.

Also alles im grünen Bereich?

Hmm nicht ganz, wir glauben, dass der Markt mit sechs Zinssenkungen in den USA für das Jahr 2024 und einer gleichzeitigen «weichen Landung» der Wirtschaft zu optimistisch ist. Hier lauert Enttäuschungs- und somit beträchtliches Korrekturpotenzial. Sollten die Erwartungen an das Fed hinsichtlich tieferer Zinsen nicht erfüllt werden, könnten die zinssensitiven Werte einen beachtlichen Teil ihrer Gewinne aus der Jahresendrally 2023 wieder hergeben. Fallen die Zinsen hingegen tatsächlich so stark, müssen wir uns die Frage gefallen lassen, warum dem denn so ist. Fährt die US-Wirtschaft also doch noch in die Rezession («harte Landung»)? Wenn ja, ist das in den meisten Aktienkursen nicht reflektiert und schon gar nicht in den Index bestimmenden Technologiegiganten. Wenn nein, wieso sollte das Fed die Zinsen ohne Rezession so stark senken und riskieren, dass sich die gefürchtete Inflation wieder zurückmeldet? Sie sehen, das Anlagejahr 2024 wird herausfordernd und mit Sicherheit wird es uns Situationen präsentieren, mit denen wir nicht gerechnet haben. Umso wichtiger ist es, sich nicht von kurzfristigen Schwankungen verunsichern zu lassen, der gewählten Anlagenstrategie treu zu bleiben und diszipliniert, frei von jeglichen Emotionen, zu agieren.

Positionierung

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  • Wir hatten die Liquiditätsquote Ende Oktober zu Gunsten von Anleihen und Qualitätsaktien aus dem Midcap-Bereich bereits teilweise reduziert.
  • Taktisch halten wir, je nach Anlagestrategie, aber immer noch Cashquoten zwischen 10 und 20%, um bei Rückschlägen antizyklisch auf der Kaufseite agieren zu können.
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  • Das Risiko-/Renditeverhältnis bei Anleihen hat sich seit der Bondrally Ende Oktober eingetrübt. Die Zinsen sind unseres Erachtens zu rasch gefallen. Hier erwarten wir eine Gegenbewegung, da der Markt überkauft ist. Mittelfristig ist das Potenzial aber weiterhin intakt, da der Zinstrend weiter nach unten zeigen dürfte.
  • Die Kreditrisikoprämien haben sich weiter eingeengt, der Anleihenmarkt erwartet somit keine Rezession oder grössere Kreditausfälle. Auch hier könnte der Konsens etwas zu optimistisch sein.
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  • Für Aktien sind wir weiterhin neutral gestimmt. Wir steuern die Quote dynamisch, basierend auf unserem Anlagemodell. Bei Qualitätsperlen aus dem KMU-Bereich sehen wir nach wie vor Chancen. Value- vs. Growthaktien waren noch selten so günstig!
  • Japan sieht weiterhin interessant aus. Die Firmen haben solide Bilanzen, die Bewertungen sind attraktiv und der JPY ist historisch günstig bewertet. In Lokalwährung sukzessive Tranchen aufbauen.
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  • Auch Gold hat von den fallenden Zinserwartungen profitiert und notierte Ende Jahr bei 2'065$/Oz.
  • Kurzfristig ist Gold etwas überkauft und könnte konsolidieren. Die weiteren Aussichten sind vielversprechend. Bei weiter fallenden Zinsen steht neuen Höchstständen beim Edelmetall nichts im Wege.
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  • Aus Diversifikationsgründen setzen wir selektiv Alternative Anlagen ein.
  • Wir behalten uns den Einsatz von Absicherungsinstrumenten vor.
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Marktdaten